Immer mehr Frauen mit Mukoviszidose werden Mütter – trotz ihrer Erkrankung. Erstmals geschah dies im Jahr 1960, doch damals starb die Mutter wenige Wochen nach der Geburt. Das ist viele Jahrzehnte her und seitdem hat sich die medizinische Versorgung grundlegend verbessert. Inzwischen gibt es sehr viele Frauen, die Schwangerschaft und Geburt trotz CF gut bewältigen, die mit ihren Kindern leben und ihre Erkrankung im Griff haben. So viele, dass im Jahr 2008 eine medizinische Leitlinie veröffentlicht wurde, die speziell die Versorgung von Schwangeren mit Mukoviszidose im Fokus hat.
„Schwangerschaft ist keine Komplikation der Mukoviszidose, aber die Mukoviszidose kann eine Schwangerschaft komplizieren“, so lautete das plakative Statement von Dr. med. Christina Smaczny, Leiterin der Erwachsenenambulanz des Christiane Herzog CF-Zentrums am Universitätsklinikum Frankfurt. „Deshalb müssen Ärzte, Therapeuten und die Familie gemeinsam mit der werdenden Mutter an einem Strang ziehen.“ Wenn irgend möglich, sollte die Schwangerschaft gut geplant werden. Dazu gehören Beratungsgespräche mit dem vertrauten CF-Arzt, dem Gynäkologen und auch mit einem Humangenetiker.
Humangenetische Beratung
Bei der humangenetischen Beratung steht neben dem Vererbungsmuster der Mukoviszidose vor allem das individuelle Mutationsspektrum des Patienten im Vordergrund. Außerdem sollte immer eine Untersuchung des Partners erfolgen, um festzustellen, ob er möglicherweise ein heterozygoter Anlageträger ist – also ebenfalls ein Gen mit CF-Mutation besitzt, das bei ihm jedoch klinisch nicht in Erscheinung getreten ist. In dem Fall bestünde ein 50%-iges Risiko für das ungeborene Kind, selbst an CF zu erkranken. Ist der Partner kein Anlageträger, wird das Kind selbst keine Mukoviszidose bekommen, aber in jedem Fall ein mutiertes CF-Gen tragen, das es möglicherweise später an eigene Kinder weitervererbt.
Wichtig: gutes Zeitmanagement und genügend Helfer für die Zeit nach der Geburt
Das Gespräch mit dem CF-Arzt sollte neben medizinischen Aspekten wie dem aktuellen Gesundheitszustand, der Infekthäufigkeit, möglicherweise bestehenden Begleiterkrankungen und der medikamentösen Therapie, auch die psychosozialen Gesichtspunkte zum Thema haben. Denn die Mukoviszidose überdauert die Schwangerschaft – sie bestimmt das Leben der Mutter auch nach der Geburt mit und fordert ihren Tribut. Es kann schwierig sein, neben der Versorgung des Babys auch noch Zeit für die eigene Therapie zu finden. „Doch man kann nur Zeit für sein Kind haben, wenn man genug Zeit für sich selbst hatte, um gesund zu bleiben“, brachte es Smaczny auf den Punkt. Daher empfiehlt es sich, die Kinderversorgung schon im Vorfeld gut zu planen und auch zu organisieren, wer einspringen kann, wenn die Mutter aufgrund ihrer Krankheit dazu mal nicht in der Lage ist.
Engmaschige Betreuung während der Schwangerschaft
Man weiß, dass eine Schwangerschaft die Mukoviszidose nicht verschlechtert – aber es verbessert sie auch nicht. Es ist also damit zu rechnen, dass während der Schwangerschaft Infekte, Exazerbationen etc. ähnlich häufig auftreten wie zuvor. Mit anderen Worten: je besser der Gesundheitszustand vor Beginn der Schwangerschaft, umso größer sind die Aussichten auf einen guten Verlauf. Günstig sind daher ein FEV1 über 75–80%, wenig pulmonale Infekte, ein guter Body-Mass-Index und ggf. ein gut eingestellter Diabetes. Dagegen gelten als Risikofaktoren ein FEV1 unter 50%, ein erhöhter Kohlendioxidgehalt im Blut (pCO2 > 45 mmHg), Untergewicht, ein Cor pulmonale mit Lungenhochdruck und das Vorhandensein von Begleitkrankheiten (z.B. schlecht eingestellter Diabetes, Leber- oder Nierenfunktionsstörungen etc.). Zwar ist auch nach einer Lungentransplantation bei gutem Allgemeinzustand eine Schwangerschaft möglich, allerdings ist die Abstoßungsgefahr erhöht. In jedem Fall ist eine engmaschige Betreuung der Schwangeren wichtig – sowohl von gynäkologischer als auch von CF-Seite. „Man sollte sich nicht auf Dreimonatsintervalle beschränken, sondern häufiger in die Ambulanz kommen – auch wenn es keine Probleme gibt“, appellierte Smaczny. Denn es gibt einige CF-bedingte Komplikationen, die während der Schwangerschaft auftreten können und die möglichst frühzeitig erfasst werden sollten, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Dazu gehören Infekte, die in der Schwangerschaft schwieriger zu behandeln sein können, weil manche Antibiotika in dieser Zeit verboten sind, aber auch vermehrte Luftnot, Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck und der Anstieg der Leberwerte. Darüber hinaus ist das Risiko einer Frühgeburt erhöht.
Nach Spontangeburt schneller wieder fit
Neigt sich die Schwangerschaft ihrem Ende zu, sollte man der Vorbereitung der Geburt einige Gedanken widmen. Dabei stellt sich zunächst die Frage: Kaiserschnitt oder spontan entbinden? Dazu bezog Smaczny eindeutig Stellung: „Wenn keine gynäkologischen Gründe dagegen sprechen und der Gesundheitszustand der werdenden Mutter es zulässt, ist die Spontangeburt die bessere Wahl.“ Denn nach einer vaginalen Entbindung kommen die Frauen deutlich schneller wieder auf die Beine und erholen sich rascher als nach einem Kaiserschnitt. Damit nach der Geburt möglichst rasch wieder mit der Physiotherapie begonnen werden kann und um die Thrombosegefahr zu senken, lautet die Parole: „Raus aus dem Bett, so schnell es geht!“
Stillen ist erlaubt, aber kein Dogma. Grundsätzlich ist Stillen auch bei CF möglich, denn die Zusammensetzung der Muttermilch wird durch die Erkrankung nicht beeinflusst. Aus ernährungsphysiologischer und allergologischer Sicht ist es für das Baby die beste Ernährung – so das Credo der Gynäkologen. Doch das Stillen erhöht den Kalorienbedarf der Mutter beträchtlich. Während der Mehrbedarf in der Schwangerschaft „nur“ zwischen 200 und 300 Kilokalorien pro Tag liegt, steigt er in der Stillzeit auf 500 bis 700 an – ein Plus, das für viele CF-Patienten kaum zu schaffen ist. Hinzu kommt, dass viele Antibiotika in der Stillzeit tabu sind. Daher spricht nichts dagegen, es mit dem Stillen zu probieren, wenn kein Infekt die Gabe von Antibiotika erfordert – aber wenn es zu viel wird, sollte man sich auch nicht scheuen, aufs Fläschchen zurückzugreifen.
Dr. med. Christina Smaczny: Schwangerschaft mit Mukoviszidose. Vortrag im Rahmen der Herbstfortbildung Mukoviszidose, Erlangen, 12.10.2013